Jens Spahn, Shermin Voshmgir & Cherno Jobatey UdLDigital Talkshow

Bitcoin, Blockchain & Co Gesellschaft ohne Geld?

Was als Bitcoin startete, scheint die nächste große Revolution zu werden. Eigentlich wollten ein paar kalifornische Computernerds nur neues Geld ohne Staat und Banken schaffen. Aber die dahinterliegende Technik – Blockchain – hat das Potential, vieles zu verändern. Das Thema der UdL Digital Talk-Show mit Jens Spahn, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Finanzministerium, Shermin Voshmgir, der Gründerin des BlockchainHubs, und Cherno Jobatey im BASECAMP Berlin.

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Der Staat wird durch die neue Methode für sichere finanzielle Transaktionen, die ohne sogenannte Intermediäre wie Banken in dezentralen Computernetzwerken ablaufen, vor einige Herausforderungen gestellt. Spahn nannte als Beispiel eine Solaranlage, die selbst durch die Stromeinspeisung Geld verdient und auch alleine den Handwerker zur Wartung bestellt und bezahlt. Da stellt sich dem Finanzpolitiker sofort die Frage „Wer zahlt denn dann die Steuern?“ Doch er ruderte dann ein wenig zurück. Es gehe nicht in erster Linie darum, dass der Staat wieder mehr Geld einnehme. „Der erste Schritt ist zu verstehen, was da überhaupt passiert“, so der CDU-Politiker, „und wenn wir verstanden haben, dann müssen wir, da wo es nötig ist, auch regulieren.“

Was das Leben einfacher macht, setzt sich durch

Spahn und Voshmgir waren sich in der grundsätzlichen Beurteilung von Blockchain einig. Die Technologie werde in vielen Bereichen Einzug halten. „Alles was das Leben einfacher macht, setzt sich in aller Regel früher oder später in weiten Teilen durch“, sagte Spahn.

Derzeit gebe es aber eine Finanzblase bei dem Thema: „Die Blase wird wahrscheinlich platzen. Ob das früher oder später kommt und größer und kleiner ausfällt, können wir nicht voraussehen“, erklärte Voshmgir und zeigte sich trotzdem optimistisch. Vielleicht gehe es danach erst richtig los mit Blockchain, das sei in den 90er-Jahren bei der Internet-Wirtschaft auch so gewesen. Nach Einschätzung beider ist Berlin ein international bedeutendes Zentrum der Blockchain-Entwicklung. „Wir haben viel Wissen in Berlin“, sagte Spahn, das würden ihm auch Gesprächspartner im Ausland sagen.

Regulatorische Sandkästen

Oft verlangen Start-ups nach möglichst wenig Regulierung, um erstmal alles auszuprobieren. So überraschte es etwas, dass Shermin Voshmgir sich einen klareren Rechtsrahmen für die Berliner Blockchain-Szene wünschte. Weil es den noch nicht gebe, würden Gründungen, die in Berlin entwickeln, sich rechtlich im schweizerischen Zug oder im US-Bundesstaat Delaware ansiedeln. Ihr Vorschlag: „Regulatory Sandboxes“ – in einem mit der Politik abgesteckten Raum für konkrete Projekte könnten Start-ups und bestehende Unternehmen nach dem Motto „trial and error“ neue Dinge ausprobieren.

Die erste Idee, die Jens Spahn auf die Frage von Cherno Jobatey nach solchen Projekten hatte, dürfte für Notare keine schöne Zukunftsversion sein. „Ich fände superspannend, mal zu versuchen, Grundbuchämter überflüssig zu machen.“

Er wäre dafür, wenn die CDU nach der Wahl weiter regieren kann, sehr schnell mit der öffentlichen Verwaltung ein konkretes Projekt anzugehen. „Da könnten wir uns weltweit in einem Bereich nach vorne katapultieren“, so Spahn. Und auch für regulatorische Sandkästen hatte er eine Idee: „Was ich mir gut vorstellen kann, dass man für zwei, vier oder fünf Jahre in enger Kommunikation mit der Aufsicht rechtsverbindliche Vereinbarungen trifft.“

Spahn erklärte sein Modell: Gründern würden dann zum Beispiel der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihr Geschäftsmodell vorstellen und die sagt: „Damit könnt Ihr erstmal starten.“ Wenn sich dann etwas ändere, dann würde ein Stichtag in der Zukunft genannt, ab dem neue Regeln gelten. Das sei bisher anders: „Ihr seid seit drei Jahren eine Bank, wusstet es aber nicht, und deswegen müssen wir Euch jetzt auch rückwirkend so behandeln.“

Vorerst kein Regulierungsbedarf

Grundsätzlichen Regulierungsbedarf für die Blockchain-Technologie sieht Spahn derzeit nicht – das sei sowohl die Auffassung des Bundesfinanzministeriums aber auch der BaFin, der Bundesbank und der Europäischen Zentralbank: „Aus heutiger Sicht haben wir nichts in der Schublade wo wir sagen, ab morgen ist das reguliert. Ich kann aber nicht sagen, ob das in drei Monaten anders ist, weil sich da jeden Tag etwas Neues entwickelt.“