„Unterwegs mit…“, Cherno Jobateys ZDF-Portraitreihe zeigt Deutschlands Mächtige und Wichtige in einer Nahaufnahme von ihrer persönlichen Seite. Angetrieben von der Idee, Politik anders zu kommunizieren, auch um TV-Zuschauer zu gewinnen, die mit „klassischer“ Politikberichterstattung nicht mehr erreicht werden, besucht Cherno Jobatey Politiker abseits der gängigen Schauplätze, etwa an deren Lieblingsorten.
Um das zu erreichen, sollen all die „Wichtigen und Mächtigen“, die man allein wegen ihrer Funktion oft im Fernsehen sieht, hier von einer anderen Seite gezeigt und damit erfahrbar gemacht werden. Also eben nicht die klassischen „Schnittbilder“, wie Experten solche Szenen nennen. Konkret: „Unterwegs mit…“ zeigt, wie die „Mächtigen und Wichtigen“ außerdienstlich sind, von Angesicht zu Angesicht, mit einem Seitenblick auf das Politische im Privaten.
Cherno Jobatey joggt mit der Linken-Abgeordneten Sahra Wagenknecht, spricht mit Sigmar Gabriel über seinen Nazi-Vater und seine Jugend in Goslar, DGB-Chef Reiner Hoffmann beweist sein Verhandlungsgeschick beim Eselfüttern. Er lässt sich vor der Kamera das Hobby oder die Lieblingsbeschäftigung erklären, tanzt etwa mit Linken-Chefin Katja Kipping Walzer auf den Dresdner Elbwiesen, grillt an mit Frank–Walter Steinmeier, begleitet den damaligen Gesundheitsminister Daniel Bahr zum Einkaufen auf den Wochenmarkt.
Person hinter der Funktion – in einer Nahaufnahme
Es sind „kleine Politiker-Begegnungen,“ so das Hamburger Abendblatt. „Für die ‘unterwegs mit’-Geschichten geht er sichtlich vergnügt in Göttingen Gemüse kaufen mit SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Mit dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder, „dem alten Rocker“, spielt er Kicker“ (Die Welt).
Schleswig-Holsteins Landesvater Torsten Albig erklärt die meditative Wirkung von Fischbrötchen, Bahnchef Rüdiger Grube verrät sein Erfolgsgeheimnis „kein Ich-Ling zu sein“.
Cherno Jobatey will wissen, was die Leute bewegt, fragt nach Liebe und den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt Reiner Haseloff nach dem Geheimnis einer langen Ehe.
Mit Gregor Gysi zwängt er sich in ein Fotohäuschen, mit der Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring Eckardt wandert er durch den Thüringer Wald, denn er möchte gerne wissen, wo entspannt wird und wie man am besten Kreativität tankt.
Einfach näher dran
Thüringens Landesmutter Christine Lieberknecht versucht um eine Haar Jobatey zwischen Kochen und Politikgespräch unter die Haube zu bringen. Ministerin Ursula von der Leyen entlockt er, was sie ihren Kindern von der Regierungsbank simst, dazu gelingt es ihm, die Ministerin zum Singen ihres Lieblingssongs zu bewegen.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki erklärt die Ruhe auf dem Wasser, wie auch den Zusammenhang zwischen Golf und Sex, Brandenburgs Landesvater Dietmar Woidke den richtigen Umgang mit Tieren.
Cherno Jobatey bringt den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier dazu, erstmals darüber zu reden, wie es war, zwei Jahre nach seinem schweren Autounfall wieder auf eigenen Beinen zu stehen, die rheinland-pfälzische Landesmutter Malu Dreyer schildert, wie man mit Schicksalsschlägen umgeht.
„Der Überzeugungs- und Organisationsaufwand sei erstaunlich groß, man will ja nicht ständig das Gleiche zeigen.“ „Eine Komponente wäre bei jedem Porträt möglich: Kaffee und joggen. Jeder joggt. Was früher einfach nur Fitness war, scheint heute anti-Aging zu sein“, so Cherno Jobatey gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Man kennt die Leute, aber man erfährt wirklich neues: BER-Chef Hartmut Mehdorn erzählt, was den 71-jährigen treibt, sich einem Projekt zu widmen, das Vielen längst als gescheitert gilt.
Hans-Christian Ströbele bekennt, wie sehr ihn seine Bundeswehrzeit formte. Deutschlands erster Stadionrocker Marius Müller-Westernhagen verrät, was ihn zu kreativen Höchstleistungen bringt, Popstars Smudo das Geheimnis seiner Schwaben-Power.
Comeback der Home Story
„Unterwegs mit…“ inspirierte die Süddeutsche Zeitung zu einem ganzseitigen Artikel. Unter „Bye bye Home Story“ wurde das Verschwinden eines Genres fast schon beklagt. „Die eigentliche Home Story aber, bei der die Neugier des Journalisten, der Voyeurismus des Bürgers und die Eitelkeit des Politikers eine Dreieinigkeit bilden, ist rar geworden.
Der Boulevard ist vereist, Ausnahmen bestätigen das Risiko. Neulich zum Beispiel war Thomas Oppermann im Fernsehen… weil ihn der Moderator Cherno Jobatey vom ZDF-Morgenmagazin in seiner Heimatstadt Göttingen besucht hat.“