Digitale Macht. Die neue Ökonomie der Aufmerksamkeit

Wissen ist Macht. Und Aufmerksamkeit ist ein sehr wertvolles Gut in unserer Wissensgesellschaft. Wer viel von beidem hat, hat dazu noch viel mehr: Deutungshoheit, kann Standards setzen, Preise und vieles mehr.

Gedanken-Experiment: Ein gütiger Weihnachtsmann möchte Ihnen etwas schenken, sie müssen nur wählen: den VW-Konzern, BMW, Mercedes oder Tesla? Bevor Sie sich jetzt wie ein ‘Quandt‘ fühlen, sollten Sie die Börse checken. Wie kann so ein Newcomer mit den “paar“ Autos so viel mehr wert sein? Ist da noch mehr?

Permanente industrielle Revolution

Etwas ist ‘gefühlt‘ jetzt ganz anders. Aber die schleichende Veränderung begann bereits in den 1990ern mit der Erfindung eines einfachen Internetzugangsprogramm, des Browsers: das auch damals schon seit Jahrzehnten existierende Internet war und ist seitdem für alle da.

Diese ganz im Stillen gestartete digitale Revolution wirbelt bis heute mehr durcheinander, als vielen lieb ist, und es hört nicht auf. Traditionelle Geschäftsmodelle wandeln sich grundlegend. Handwerkliche Fähigkeiten verlieren ihren Wert. Und ganz besonders die Kommunikation – egal, ob privat oder öffentlich – hat sich von Grund auf gewandelt.

Das erste große, für alle wahrnehmbare Zeichen dieser Veränderung war der Aufstieg eines politischen Niemands aus dem Mittelwesten, der gegen alle Eliten US-Präsident werden wollte. Die Obama-Wahl 2008 war ein erster Sieg der neuen digitalen Elite über eine „analoge Hemdsärmeligkeit“ und machte schon damals deutlich, wie sehr Soziale Medien die Ökonomie der Aufmerksamkeit verändern.

Was 2008 ein Thema für Polit-Feinschmecker war, ist seit Trump, Brexit und Querdenkern offenkundig: der Wettbewerb um die Deutungshoheit wurde härter und funktioniert nach sich ständig wandelnden Spielregeln!

Donald Trump verknüpfte 2016 Mechaniken sozialer Medien mit Reality-TV. 2017 konnte in Großbritannien Jeremy Corbyn mit eher simplen digitalen Methoden überraschend erfolgreich der analogen Theresa May ihre absolute Mehrheit abnehmen. Joe Biden gelang es 2020 wiederum, ein Rezept gegen Trump zu finden. An TikTok und den Audio-Boom etwa mit Podcasts an jeder Ecke gewöhnen wir uns gerade.

Mit AI, also „Künstlicher Intelligenz“ dräut bereits die nächste Revolution am Kommunikationshorizont. Deren Folgen sind in Gänze noch nicht abzuschätzen. Eins aber ist schon klar: Mit AI sind bei minimalen Kosten, qualitativ hochwertige Medien, deren Echtheit dazu für die meisten nicht wahrnehmbar ist, sehr einfach und sehr schnell zu erstellen. Und diesen Inhalten werden wir überall begegnen.

Neue Ökonomie der Aufmerksamkeit

Früher galt es Massenmedien zu beeindrucken, um Reichweite zu erlangen. Heute ist das nicht mehr ganz so wichtig.

Wer die Gesetzmäßigkeiten der neuen Ökonomie der Aufmerksamkeit erkennt, sie anerkennt und ihnen folgt, hat enorme Vorteile. Prinzipiell jeder kann (zudem recht preiswert) seine Konkurrenten besiegen, wenn diese zu viel auf Bewährtes setzen.

Erfolgreich sein kann nur, wer in der digitalen Welt „vorhanden“ ist. Aber nur „im Internet sein“, reicht jedoch nicht mehr aus! Wer gehört, gelesen, gesehen oder wer seine Dienstleistung genutzt, seine Produkte gekauft wissen möchte, kommt um zwei Grundprinzipien nicht mehr herum.

  • Sei findbar!
  • Sei empfehlbar!

Findbarkeit / Search

Die „Türsteher des Wissens“, die Suchmaschinen, reagieren am besten auf „gut geölte“ digitale Produkte, die den (sich ständig verändernden) Kriterien von Google & Co entsprechen. Chancen hat nur, was inhaltlich und technisch gut „funktioniert“. Und das ist ein Produkt von Arbeit und Wissen. Um dieses „Gefunden werden“ etablierte sich eine ganze Service-Industrie.

Empfehlbarkeit / Social

Für den Hebel der sozialen Medien ist es entscheidend, ALLES so aufzubereiten, dass es (meist ziemlich spontan) geteilt wird. Denn durch Netzwerkeffekte, durchs Weiterempfehlen via Soziale Medien, neu-deutsch „socialn“, lassen sich Reich-weiten erzielen, die bis vor kurzem noch unvorstellbar waren.

Ein Beispiel aus der deutschen Huffington Post: Der Artikel Der Tag an dem ich aufhörte „Beeil Dich“ zu sagen, wäre mit 20.000 Lesern, die ‘direkt‘ zur HuffPost kamen, gefloppt. Aber diese Geschichte „rannte“ via Social-Media-Weiterempfehlung durchs Netz und erreichte dadurch beeindruckende 2,3 Millionen Leser. Ein Vielfaches der Spiegel Druckauflage.

„Wenn Medien sich ändern, ändert sich die Gesellschaft“

Was alles ganz einfach klingt, ist vielschichtig: Neuen Techniken folgen, wie so oft in der Evolutionsgeschichte, neue Kulturtechniken. Diese wiederum verändern dann oft sehr unauffällig und leise sehr viel!

Cherno Jobatey erklärt, wie man mitmachen kann

Gewohnheiten und Habitus gelten durch die Digitalisierung oft nicht mehr. Und dieser Wandel schreitet überall weiter voran, nicht nur in der Medienwelt.

Cherno Jobatey, seit vielen Jahren in den Medien und langjähriger Herausgeber der Huffington Post, die es binnen drei Jahren knapp an die Top 10 der News-Plattformen in Deutschland geschafft hatte und dann wegen einer neuen Strategie des Mutterkonzerns in Deutschland eingestellt wurde, erklärt diese neuen Spielregeln.

Jeder, egal ob DAX-Unternehmenslenker, Mittelständler oder Privatperson, also tatsächlich jeder mit einem Internetanschluss kann diese neuen Möglichkeiten für sich nutzen.

In seiner Präsentation erläutert der Referent die neue Ökonomie der Aufmerksamkeit und illustriert anhand von Beispielen aus Politik, Wirtschaft und Popmusik detailliert, wie sich Machtverhältnisse im Kampf um die Meinungsführerschaft verschoben haben und wie man die neue Zeit für sich nutzen kann.

Wer digital nicht dabei ist, läuft große Gefahr, auf dem heutigen Marktplatz anstelle des bislang gewohnten, zentral gelegenen repräsentativen Marktstandes nur noch einen Tapeziertisch in der dritten Reihe zu betreiben.

Und viel zu oft geht unter: Diese schöne neue Welt ist machbar, simpel zu bedienen und zudem bezahlbar!

Wissen ist Macht, daran wird sich nichts ändern. Aber noch nie waren so viele so mächtig!