Christine Lambrecht, Cherno Jobatey & Philipp Westermeyer UdLDigital Talkshow

Alleine im Netz – wie soll der Staat seine Bürger schützen?

Wie gehen wir im Internet miteinander um? Und welche Maßnahmen sollte der Staat ergreifen, um Bürgerinnen und Bürger vor Hass und Betrug im Netz zu schützen? Das Thema der UdLDigital Talkshow mit der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht (SPD), und Philipp Westermeyer, Gründer von Online Marketing Rockstars (OMR) und Cherno Jobatey im BASECAMP Berlin.

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Die Bundesjustizministerin macht im Netz auch persönlich Erfahrungen mit Hass und findet, “es werden mittlerweile Grenzen überschritten, die kaum noch erträglich sind”. Das führe zum Teil dazu, dass Viele sich aus sozialen Netzwerken und der gesellschaftlichen Debatte zurückziehen. Es gebe teilweise “massive Bedrohungen”, gerade Kommunalpolitiker erlebten das, so Lambrecht.

Hier muss aus Sicht der Ministerin eine klare Linie gezogen werden, denn “da wo sich Menschen aus dem Diskurs zurückziehen, da fehlt die offene Gesellschaft” und die Demokratie selbst ist gefährdet. Als Politiker, so die Ministerin, lege man sich zwar ein “dickeres Fell zu” und werde nicht von jeder Beleidigung “aus der Bahn” geworfen, aber wenn gewisse Grenzen überschritten werden, mache einen das schon nachdenklich. Und “ich persönlich bin nicht bereit, das einfach als Begleiterscheinung des Berufs hinzunehmen”, betonte Lambrecht. Entsprechend bringe sie auch tatsächlich alle Posts, die strafrechtlich relevant sind, zur Anzeige.

Philipp Westermeyer glaubt, dass “früher oder später die Anonymitätsmöglichkeiten beschränkt werden” müssen, um die Hassrede in sozialen Netzwerken in den Griff zu bekommen. Aus seiner Sicht gibt es bereits einen Trend, vermehrt den Klarnamen zu nutzen, allein um online Geschäfte tätigen oder einkaufen zu können.

Christine Lambrecht hält die Abschaffung der Anonymität hingegen “für keine gute Entwicklung”. Denn der anonyme Austausch auf Plattformen, erklärte die Ministerin, habe auch seine Vorteile. Menschen trauten sich so offener über Dinge zu schreiben oder zu sprechen. “Ich glaube deshalb, dass die Anonymität einen Wert hat und wir sie auch verteidigen sollten”, so Lambrecht weiter. Um Personen hinter Pseudonymen zu identifizieren, gebe es im Bedarfsfall andere Instrumente.

Westermeyer pochte dann auch nicht per se auf eine Klarnamenpflicht. Er glaube aber, dass “die Nicknames aus einer Zeit kommen, wo Internet und reale Welt noch getrennt existierten – aber das ist jetzt ja vorbei”. Für die Anonymität, sagte Westermeyer, setzten sich heute hauptsächlich noch Vertreter der ersten Internetgeneration ein, die die Ursprünge verteidigen wollen. Vielen anderen Nutzern sei die Frage hingegen egal.

Gesetze zur Bekämpfung der Hasskriminalität

Damit der Staat besser gegen Hass im Netz vorgehen kann, haben Bundestag und Bundesrat Ende Juli das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität verabschiedet. Das Gesetz verpflichtet Betreiber sozialer Netzwerke dazu, bestimmte strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden. Außerdem wurde neu definiert, was strafbar ist. Ziel ist auch, Politiker von der Bundes- bis zur Kommunalebene besser im Netz zu schützen. “Ich hoffe, dass das Gesetz abschreckende Wirkung hat”, erklärte die Bundesjustizministerin. Ergänzend seien die Länder aktiv geworden, da auch sie die Bedrohung und Beleidigung von Menschen, die sich auf kommunaler Ebene politisch engagieren, als Gefahr für die Demokratie ansehen.