Cherno Jobatey lectures Leuphana University Lüneburg

Zur Ethik politischer Kommunikation

Die Ethik politischer Kommunikation hat seit Donald Trumps „Twitter, Twitter, Twitter!“ eine neue Dimension erlangt. Der legendäre Spruch von Kanzler Schröder: „Zum Regieren brauche ich eigentlich nur Bild, BamS und Glotze.“, scheint passé. Natürlich ist Politische Kommunikation in Wahrheit komplexer und diffiziler. Sie ist das Nervensystem der Demokratie und eine der wichtigsten handwerklichen Fähigkeiten von Politikern überhaupt. Nur so erreichen sie ihre Wähler.

Grundsatzfragen der Ethik

Im Seminar Zur Ethik politischer Kommunikation geht es aber weniger um das „wie“, als vielmehr um das „warum“. Erlernt werden sollen ethische Grundlagen und Voraussetzungen politischer Kommunikation. Auch soll erörtert werden, wo Grenzen liegen. Ganz konkret: Wann muss man beispielsweise die Wahrheit sagen, wann „darf“ man sie überdehnen?
Das Seminar Ethik politischer Kommunikation beschäftigt sich zunächst mit Grundsatzfragen. Erarbeitet werden die klassischen Entwürfe von Platon und Aristoteles aber auch Schlüsseltexte von Autoren der Neuzeit und Moderne: Hobbes, Kant, Nietzsche und natürlich Machiavelli.

Der Politiker

Ist Politiker-Sein ein Job wie jeder andere auch? Die Steigerung des Berufsbeamtentums? Oder sind Berufspolitiker in Selbstverständnis, Auftritt und ethischem Anspruch anders einzuordnen als alle anderen? Gilt für deren Arbeit die konsequentialistische Küchenweisheit „Es zählt, was hinten rauskommt“? Oder sollte sich immer am moralisch Richtigen orientiert werden? Wenn ja, was ist das eigentlich?

Die Botschaft

Betrachtet wird auch die Botschaft, also die Kommunikation selbst, sei es in Text, Bild oder Video. Anhand zahlreicher Beispiele werden auch gängige Kommunikationstheorien erarbeitet. Da der Kampf um die Deutungshoheit sich seit der Digitalen Revolution Mitte der neunziger Jahre laufend stark verändert, muss eine Analyse der Kommunikation auch neue Wege gehen, um mitzuhalten.

Die Medien

Ein weiterer Schwerpunkt sind die Mittler, also die Medien. Nicht erst seit der Berichterstattung rund um den Rücktritt des damaligen Bundespräsidenten Wulff sind Medien und deren Vorgehensweise im Fokus. „Jede Publizistik ist gesinnungsbestimmt“, befand schon vor Jahrzenten der Nestor der deutschen Publizistikwissenschaft Emil Dovifat. Wie ist es also nun mit der Neutralität und der Wahrheitsverpflichtung? Politik ist meist ziemlich komplex, das ist eine Binse. Aber nach welchen Kriterien wird nun selektiert und zugespitzt? Gehorcht auch dieser Teil der politischen Kommunikation einer Ethik? Können Medien gar ein Folterwerkzeug sein, wie Ex-Finanzminister Peer Steinbrück meinte?

Seminarziel

Ziel des Seminars ist es, politische Kommunikation anhand philosophischer Originaltexte und Ereignisse der Zeitgeschichte sowohl wissenschaftlich als auch praxisnah vielschichtig einordnen zu können.

Einführende Lektüre

Nils Ole Oermann, Wirtschaftsethik
Julian Nida-Rümelin, Angewandte Ethik

Verpflichtende Lektüre:

Max Weber, Politik als Beruf
Niccolò Machiavelli, Der Fürst
Platon, Politeia
Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden

Weiterführende Lektüre:

Aristoteles, Nikomachische Ethik
Thomas Hobbes, Leviathan
Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft
Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse